Gerade als ich gestern nach der halben Fahrstrecke zwischen Luleå und Haparanda den Artikel online gestellt hatte, bemerkte ich beim Rausschauen, dass wir ziemlich schnell fahren. Das GPS meinte >200km/h. Huch, auf so einer Nebenstrecke mit wenigen Zügen pro Tag? Beim Nachschauen stellt sich raus, dass die Strecke bis 2013 mit ETCS2 sogar bis 250km/h neu-/ausgebaut wurde und überhaupt in den letzten paar Jahren einige Strecken wiederbelebt bzw. ausgebaut wurden. Den Personenverkehr, den ich benutzt habe, gibt es erst seit April 2021.
Bis vor ein paar Jahren war die Idee auch noch, dass Frachtzüge von China durch Russland, Finnland, Schweden bis nach Narvik fahren, dort ihre Ladung aufs Schiff verschieben und das so irgendwie schneller in den USA ist. Ja gut, da ist jetzt ein inzwischen unpassierbares Land dabei, das auch noch eine andere Spurweite hat. Apropos: Finnland hat auch Breitspur.
Auszug aus Wikipedia (Link s.o.):
Die Strecke ist die einzige Bahnverbindung zwischen Schweden und Finnland. Das finnische Eisenbahnnetz ist in Breitspur (1524 mm) gebaut, während das schwedische die Normalspur (1435 mm) verwendet. Zwischen dem schwedischen Grenzbahnhof Haparanda und dem finnischen Grenzbahnhof Tornio liegt ein Vierschienengleis, das über die Eisenbahnbrücke über den Fluss Torne älv führt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Tornio und Haparanda in verschiedenen Zeitzonen liegen: In Finnland gilt die Osteuropäische Zeit, während die Uhren in Schweden nach MEZ gestellt werden.Die Strecke ist die einzige Bahnverbindung zwischen Schweden und Finnland.
Also gut. Die Uhrzeit wird automatisch gestellt, je nachdem, in welchem Netz mein Handy eingebucht ist. Aber das Vierschienengleis musste ich mir mal anschauen. Praktischerweise sind da direkt daneben auf beiden Seiten MG-Bunker, die die Brücke bewachen, noch aus dem ersten Weltkrieg. Auf die Brücke kommt man (legal) nicht, und die Bauarbeiter, die da grad was gesägt haben, wollte ich auch nicht stören. Aber mit Hochklettern an den Zaun neben dem Bahndamm und 20-30x Zoom geht das doch:
Bisher dachte ich ja immer, dass man für zwei Spurweiten einfach noch eine dritte Schiene legt, aber das funktioniert nur dann, wenn die Spurweitendifferenz gross genug ist, also z.B. Meterspur und Normalspur. Von 1435mm zu 1524mm wie hier sind es nur 89mm Differenz, da kriegt man nicht direkt noch eine Schiene hin. Also gibt’s statt Umspuranlage halt ein Vierschienengleis. Schade nur, dass da gar nichts drüberfährt. Die Oberleitung hängt, alles ist neu, nur kein Regelverkehr.
Mein Hotell Olof liegt auf der finnischen Seite in Tornio. Sehr gutes Essen, Snacks ohne Ende, vor mir haben grad fünf Bauarbeiter der finnischen Eisenbahn eingecheckt, der eingebaute Lift ist aus Schlieren von 1966 (hier ein onlyfans für Aufzüge: https://elevation.fandom.com/wiki/Schlieren). Im Prinzip hätte ich auch von hier direkt nach mittäglicher Ankunft auf der schwedischen Seite und 4km Fussmarsch abends um 22:16 Uhr mit dem Nachtzug nach Helsinki weiterfahren können, aber Grenzregionen sind immer witzig zum Anschauen.
Trotzdem wollte ich natürlich gestern schon wissen, wo es heute abend weitergeht und bin vom Hotel die 2km zum Bahnhof Tornio-Itäinen (Tornio-Ost) gelaufen. Der Bahnsteig ist 400m lang, es gibt ein schwedisches und ein finnisches Schild, das war’s. Beim Fahrplanaushang steht nur, dass man sich das online holen soll, ebenso wie Tickets. Das war in Haparanda und Luleå auch schon so, keine Automaten, gar nichts. Da bin ich mal gespannt, ob da tatsächlich der einzige Zug heute abend einfährt und mich aufsammelt. Immerhin sind die Schienen nicht rostig.
Die Sonne brennt derweil vom Himmel, also bin ich mal beim zufällig vorbeikommenden Haglöfs-Outlet reingegangen. Unglaublich, was man da sparen kann! Insbesondere, wenn man einfach gar nichts kauft! Wie üblich, hatte ich von dort nichts nötig und bin eh schon mit einer Haglöfs-Regenjacke reingelaufen. Was ich genommen hätte, wäre eine ultraleichte Windjacke gewesen, die man auf ein winziges Volumen zusammenknüllen kann. Die hab ich nur in der Frauenabteilung in Grösse XS gefunden, hab dann doch mal gefragt, wurde in eine andere Ecke des Ladens verwiesen, wo dann diese speziellen Modelle in genau zwei Farben (blau/grau) hingen (der Rest des Ladens war in allen Farben mit Produkten behängt). Tja, vorhandene Grössen ab L aufwärts. Also mal mit einem Modell zum Ladenhüter (=Verkäufer), der hat im System nachgeschaut und konnte mir auch nur sagen, dass sie keine Grösse M hätten. Wieder 90 Fr. gespart, der Urlaub lohnt sich voll 🙂
Danach ging’s rüber zum nördlichsten IKEA der Welt, Mittagessen mit langen Schlangen, aber günstig. Danach noch in der Elektro-Abteilung zwei Zigbee-Schalter geholt, die ich eh brauchte. Und wann komm ich schon mal zum IKEA nach SG-Winkeln? Das ist ja so weit weg.
Endlich gibt’s mal echtes Schwedisch bei IKEA und nicht nur so Fantasie-Namen, die schwedisch klingen. Dafür ist Finnisch komplett unverständlich und hat auch gar keine Ähnlichkeit mit irgendwelchen Sprachen, die ich kenne. Man kann es allerdings mit demselben deutschen Tastaturlayout tippen. Trotzdem ist es ziemlich textlängenineffizient, sprich es braucht sicher 50% mehr Zeichen für denselben Inhalt:
Ein paar Spaziergangsimpressionen noch: direkt hinter der finnischen Shoppingmall verläuft die Landesgrenze, die hier mal keine EU-Aussengrenze ist, aber doch zwei Währungen und zwei Zeitzonen voneinander trennt. Fast wie am LAGO in Konstanz, weil ja in CH die Uhren auch langsamer ticken (aber pünktlich!). Wetter: 10-15°C, leichter Wind, Sonnencreme als Permanent-Makeup montiert, aber sonst sehr angenehm so.
Und dann war da noch die IT-Security der KPT. Ich hab ja frei, aber weil ich grad noch eine Kontoeröffnung bei der WIR-Bank ausprobieren wollte und die das nicht so ganz zulassen wollten (ohne VPN und diverse andere Tricks), dachte ich, dass ich mal eine Citrix-Windows-VM in der Schweiz aufmache und hab mich dazu ganz regulär in meinen KPT-Account eingeloggt. Als ich später nochmal Mails gecheckt habe, kam eine nette Frage von der IT-Security, dass sie eine Warnung bekommen hätten wegen eines sehr frühen Logins von mir aus Oslo. Und falls mein User-Agent stimmen würde, sollte ich mal meinen Firefox updaten 😀 So als Informatiker fand ich das sehr gut und auch witzig und hab freundlich zurückgeschrieben, dass das alles in Ordnung wäre. Oslo stimme nur wegen VPN (mullvad im tailscale funktioniert halt super), ansonsten sei ich aber in Finnland, würde nachher mal nach Schweden zum nördlichsten IKEA rüberlaufen, wieder zurück nach Finnland laufen und dann morgen in Helsinki sein. Und dass mein Browser-User-Agent eh gespoofed sei. Das sollte sie eine Weile beschäftigen, falls sie Geo-Rätsel mögen 🙂 Und ja, der Firefox war ein 132, jetzt ist es ein 139. Aber mein Gentoo Linux hat nicht viel Angriffsfläche — am einfachsten ist da wohl, mir den Laptop zu klauen. Vielleicht kriegen sie es ja sogar hin, mir dann mal auf dem Firmenlaptop den Hibernation Mode zu aktivieren und auch meine teure Logitech-Webcam mal freizugeben zur Nutzung. Beides ging schliesslich vor dem Laptoptausch unter Windows 10 einwandfrei und die Hardware ist jetzt dieselbe wie vorher. Aber klar, IT Security geht vor. Warum haben wir eigentlich immer noch eine 2FA per SMS und nicht per Authenticator-App?
Ach ja, die Kontoeröffnung bei der WIR-Bank geht eigentlich online, aber am weitesten bin ich tatsächlich erst gekommen, als ich auf dem Handy im Fennec (=fdroid-Firefox) den User-Agent auf Chrome umgestellt habe und das VPN auf Switzerland. Selbst dann ging die Selfie-ID-Kamera-Funktion nicht, was am GrapheneOS liegen könnte. Das Problem hatte ich auch schon mal bei einer anderen Kontoeröffnung. Na dann muss ich halt mal auf 46.96/7.46 bei denen vorbeischauen. Dass eine Offline-Kontoeröffnung viel schneller gehen kann, haben wir schon am Donnerstag bei der Commerzbank gemerkt: 30min von null bis IBAN, zu dritt mit allen Unterlagen — anstatt mehrere Stunden an der Hotline und mehrfachem Postident in Konstanz, um was bei der comdirect zu eröffnen zu versuchen, was am Ende unmöglich war, weil ganz am Anfang das falsche Papierformular gewählt wurde. Ein Konto für Minderjährige mit einem Elternteil mit Wohnsitz im Ausland ist bei Online-Banken wohl echt nicht so der Standardprozess, die machen lieber agilen Unfug und hören bei 80% Automatisierung auf. Vereinfachenderweise hab ich auch den deutschen Ausweis verwendet, wenn man schon mal die Wahl hat.
Der kleinste bisher mit Kreditkarte bezahlte Betrag hat sich noch verringert: 5 SEK für einen Toiletteneingang sind 43 Rappen. Bargeldlos mit Bezahlarmband ist schon echt praktisch.