Ostseerunde (3)

Gerade als ich gestern nach der halben Fahrstrecke zwischen Luleå und Haparanda den Artikel online gestellt hatte, bemerkte ich beim Rausschauen, dass wir ziemlich schnell fahren. Das GPS meinte >200km/h. Huch, auf so einer Nebenstrecke mit wenigen Zügen pro Tag? Beim Nachschauen stellt sich raus, dass die Strecke bis 2013 mit ETCS2 sogar bis 250km/h neu-/ausgebaut wurde und überhaupt in den letzten paar Jahren einige Strecken wiederbelebt bzw. ausgebaut wurden. Den Personenverkehr, den ich benutzt habe, gibt es erst seit April 2021.

Bis vor ein paar Jahren war die Idee auch noch, dass Frachtzüge von China durch Russland, Finnland, Schweden bis nach Narvik fahren, dort ihre Ladung aufs Schiff verschieben und das so irgendwie schneller in den USA ist. Ja gut, da ist jetzt ein inzwischen unpassierbares Land dabei, das auch noch eine andere Spurweite hat. Apropos: Finnland hat auch Breitspur.

Auszug aus Wikipedia (Link s.o.):

Die Strecke ist die einzige Bahnverbindung zwischen Schweden und Finnland. Das finnische Eisenbahnnetz ist in Breitspur (1524 mm) gebaut, während das schwedische die Normalspur (1435 mm) verwendet. Zwischen dem schwedischen Grenzbahnhof Haparanda und dem finnischen Grenzbahnhof Tornio liegt ein Vierschienengleis, das über die Eisenbahnbrücke über den Fluss Torne älv führt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Tornio und Haparanda in verschiedenen Zeitzonen liegen: In Finnland gilt die Osteuropäische Zeit, während die Uhren in Schweden nach MEZ gestellt werden.Die Strecke ist die einzige Bahnverbindung zwischen Schweden und Finnland.

Also gut. Die Uhrzeit wird automatisch gestellt, je nachdem, in welchem Netz mein Handy eingebucht ist. Aber das Vierschienengleis musste ich mir mal anschauen. Praktischerweise sind da direkt daneben auf beiden Seiten MG-Bunker, die die Brücke bewachen, noch aus dem ersten Weltkrieg. Auf die Brücke kommt man (legal) nicht, und die Bauarbeiter, die da grad was gesägt haben, wollte ich auch nicht stören. Aber mit Hochklettern an den Zaun neben dem Bahndamm und 20-30x Zoom geht das doch:

Bisher dachte ich ja immer, dass man für zwei Spurweiten einfach noch eine dritte Schiene legt, aber das funktioniert nur dann, wenn die Spurweitendifferenz gross genug ist, also z.B. Meterspur und Normalspur. Von 1435mm zu 1524mm wie hier sind es nur 89mm Differenz, da kriegt man nicht direkt noch eine Schiene hin. Also gibt’s statt Umspuranlage halt ein Vierschienengleis. Schade nur, dass da gar nichts drüberfährt. Die Oberleitung hängt, alles ist neu, nur kein Regelverkehr.

Mein Hotell Olof liegt auf der finnischen Seite in Tornio. Sehr gutes Essen, Snacks ohne Ende, vor mir haben grad fünf Bauarbeiter der finnischen Eisenbahn eingecheckt, der eingebaute Lift ist aus Schlieren von 1966 (hier ein onlyfans für Aufzüge: https://elevation.fandom.com/wiki/Schlieren). Im Prinzip hätte ich auch von hier direkt nach mittäglicher Ankunft auf der schwedischen Seite und 4km Fussmarsch abends um 22:16 Uhr mit dem Nachtzug nach Helsinki weiterfahren können, aber Grenzregionen sind immer witzig zum Anschauen.

Trotzdem wollte ich natürlich gestern schon wissen, wo es heute abend weitergeht und bin vom Hotel die 2km zum Bahnhof Tornio-Itäinen (Tornio-Ost) gelaufen. Der Bahnsteig ist 400m lang, es gibt ein schwedisches und ein finnisches Schild, das war’s. Beim Fahrplanaushang steht nur, dass man sich das online holen soll, ebenso wie Tickets. Das war in Haparanda und Luleå auch schon so, keine Automaten, gar nichts. Da bin ich mal gespannt, ob da tatsächlich der einzige Zug heute abend einfährt und mich aufsammelt. Immerhin sind die Schienen nicht rostig.

Die Sonne brennt derweil vom Himmel, also bin ich mal beim zufällig vorbeikommenden Haglöfs-Outlet reingegangen. Unglaublich, was man da sparen kann! Insbesondere, wenn man einfach gar nichts kauft! Wie üblich, hatte ich von dort nichts nötig und bin eh schon mit einer Haglöfs-Regenjacke reingelaufen. Was ich genommen hätte, wäre eine ultraleichte Windjacke gewesen, die man auf ein winziges Volumen zusammenknüllen kann. Die hab ich nur in der Frauenabteilung in Grösse XS gefunden, hab dann doch mal gefragt, wurde in eine andere Ecke des Ladens verwiesen, wo dann diese speziellen Modelle in genau zwei Farben (blau/grau) hingen (der Rest des Ladens war in allen Farben mit Produkten behängt). Tja, vorhandene Grössen ab L aufwärts. Also mal mit einem Modell zum Ladenhüter (=Verkäufer), der hat im System nachgeschaut und konnte mir auch nur sagen, dass sie keine Grösse M hätten. Wieder 90 Fr. gespart, der Urlaub lohnt sich voll 🙂

Danach ging’s rüber zum nördlichsten IKEA der Welt, Mittagessen mit langen Schlangen, aber günstig. Danach noch in der Elektro-Abteilung zwei Zigbee-Schalter geholt, die ich eh brauchte. Und wann komm ich schon mal zum IKEA nach SG-Winkeln? Das ist ja so weit weg.

Endlich gibt’s mal echtes Schwedisch bei IKEA und nicht nur so Fantasie-Namen, die schwedisch klingen. Dafür ist Finnisch komplett unverständlich und hat auch gar keine Ähnlichkeit mit irgendwelchen Sprachen, die ich kenne. Man kann es allerdings mit demselben deutschen Tastaturlayout tippen. Trotzdem ist es ziemlich textlängenineffizient, sprich es braucht sicher 50% mehr Zeichen für denselben Inhalt:

Ein paar Spaziergangsimpressionen noch: direkt hinter der finnischen Shoppingmall verläuft die Landesgrenze, die hier mal keine EU-Aussengrenze ist, aber doch zwei Währungen und zwei Zeitzonen voneinander trennt. Fast wie am LAGO in Konstanz, weil ja in CH die Uhren auch langsamer ticken (aber pünktlich!). Wetter: 10-15°C, leichter Wind, Sonnencreme als Permanent-Makeup montiert, aber sonst sehr angenehm so.

Und dann war da noch die IT-Security der KPT. Ich hab ja frei, aber weil ich grad noch eine Kontoeröffnung bei der WIR-Bank ausprobieren wollte und die das nicht so ganz zulassen wollten (ohne VPN und diverse andere Tricks), dachte ich, dass ich mal eine Citrix-Windows-VM in der Schweiz aufmache und hab mich dazu ganz regulär in meinen KPT-Account eingeloggt. Als ich später nochmal Mails gecheckt habe, kam eine nette Frage von der IT-Security, dass sie eine Warnung bekommen hätten wegen eines sehr frühen Logins von mir aus Oslo. Und falls mein User-Agent stimmen würde, sollte ich mal meinen Firefox updaten 😀 So als Informatiker fand ich das sehr gut und auch witzig und hab freundlich zurückgeschrieben, dass das alles in Ordnung wäre. Oslo stimme nur wegen VPN (mullvad im tailscale funktioniert halt super), ansonsten sei ich aber in Finnland, würde nachher mal nach Schweden zum nördlichsten IKEA rüberlaufen, wieder zurück nach Finnland laufen und dann morgen in Helsinki sein. Und dass mein Browser-User-Agent eh gespoofed sei. Das sollte sie eine Weile beschäftigen, falls sie Geo-Rätsel mögen 🙂 Und ja, der Firefox war ein 132, jetzt ist es ein 139. Aber mein Gentoo Linux hat nicht viel Angriffsfläche — am einfachsten ist da wohl, mir den Laptop zu klauen. Vielleicht kriegen sie es ja sogar hin, mir dann mal auf dem Firmenlaptop den Hibernation Mode zu aktivieren und auch meine teure Logitech-Webcam mal freizugeben zur Nutzung. Beides ging schliesslich vor dem Laptoptausch unter Windows 10 einwandfrei und die Hardware ist jetzt dieselbe wie vorher. Aber klar, IT Security geht vor. Warum haben wir eigentlich immer noch eine 2FA per SMS und nicht per Authenticator-App?

Ach ja, die Kontoeröffnung bei der WIR-Bank geht eigentlich online, aber am weitesten bin ich tatsächlich erst gekommen, als ich auf dem Handy im Fennec (=fdroid-Firefox) den User-Agent auf Chrome umgestellt habe und das VPN auf Switzerland. Selbst dann ging die Selfie-ID-Kamera-Funktion nicht, was am GrapheneOS liegen könnte. Das Problem hatte ich auch schon mal bei einer anderen Kontoeröffnung. Na dann muss ich halt mal auf 46.96/7.46 bei denen vorbeischauen. Dass eine Offline-Kontoeröffnung viel schneller gehen kann, haben wir schon am Donnerstag bei der Commerzbank gemerkt: 30min von null bis IBAN, zu dritt mit allen Unterlagen — anstatt mehrere Stunden an der Hotline und mehrfachem Postident in Konstanz, um was bei der comdirect zu eröffnen zu versuchen, was am Ende unmöglich war, weil ganz am Anfang das falsche Papierformular gewählt wurde. Ein Konto für Minderjährige mit einem Elternteil mit Wohnsitz im Ausland ist bei Online-Banken wohl echt nicht so der Standardprozess, die machen lieber agilen Unfug und hören bei 80% Automatisierung auf. Vereinfachenderweise hab ich auch den deutschen Ausweis verwendet, wenn man schon mal die Wahl hat.

Der kleinste bisher mit Kreditkarte bezahlte Betrag hat sich noch verringert: 5 SEK für einen Toiletteneingang sind 43 Rappen. Bargeldlos mit Bezahlarmband ist schon echt praktisch.

Ostseerunde (2)

Malmö-Stockholm ging schnell. In Stockholm bin ich mit dem Rollkoffer hinter mir etwas herumgelaufen, die SJ-Lounge hat im Gegensatz zu den schwedischen Supermärkten recht sparsame Öffnungszeiten und am Samstag komplett geschlossen. Um kurz vor 21 Uhr wurde der Nachtzug 94 bereitgestellt, dann ging’s ins Bett und blieb noch sehr lange hell. Irgendwo war eine Weiche mal etwas zu schnell und damit unkomfortabel überfahren, das gab einen schlafbeendenden Schlag quer zur Fahrtrichtung.

Kurz vor 11 Uhr war ich in Luleå angekommen, habe mein Gepäck im Hotel abgestellt und bin losgezogen, um die Gegend zu erkunden. Ideale Temperaturen, keine Sonne, ein paar Caches, kaum Leute unterwegs. Eine ältere Frau hat mich auf Schwedisch gefragt, ob ich einen Arzt kenne, sie bräuchte einen neuen Hausarzt. Mit meiner norwegischen Antwort kam sie klar und hat auch eingesehen, dass ich nicht von hier bin.

Nach dem Zimmerbezug kam noch eine weitere Bewegungsrunde, bin den Gleisen bis in den alten/neuen Erzhafen gefolgt. Irgendwo standen zwei Ryde-Mietroller herum und ich hab dann spontan mal einen davon gemietet und bin etwa 5km damit herumgefahren. 5 Fr. für 20 Minuten mit 20km/h, kann man mal machen, aber man friert einfach nur dabei, weil man sich ja nun wirklich null bewegt. Richtung Südosten vom Stadtzentrum aus bauen sie einen neuen/grösseren Erzhafen. Vermutlich kommt das in Massen per Zug aus Kiruna und wird dann via Narvik/Nordsee und Luleå/Ostsee verschifft.

Leihroller von Ryde

Heute früh schien dann schon die Sonne direkt aufs Fenster, also bin ich zum Vor-Frühstück-Spaziergang aufgebrochen. Die Innenstadt kenne ich nun ganz gut. Pfingstmontag scheint kein Feiertag zu sein, die Stadt ist ab 07 Uhr erwacht wie an einem normalen Arbeitstag (und die Supermärkte sind sowieso offen).

Nach einer nicht erfolgreichen Shoppingrunde (wieder viel Geld gespart!) hab ich kurz vor 11 Uhr mein Zimmer verlassen, so dass ich pünktlich für den 11:30-Uhr-Zug nach Haparanda am Bahnhof war. Da die 2h Fahrzeit nur 17 Fr. kosten (wieso auf vy.se nur 207 SEK und auf sj.se für 221 SEK? keine Ahnung), hab ich sogar auf den Interrailpass verzichtet. Der Zug hat zwar auch 1. Klasse (2+2-Bestuhlung), aber ist eh ziemlich leer. Steckdosen sind spärlich vorhanden, das Wifi ist gewohnt gut, 195km heute.

Bald geht’s dann rüber nach Finnland. Bekannte Währung, unbekannte Sprache, mal sehen.

Ostseerunde (1)

Gestern Leipzig-Malmö, 08:18 Uhr Start in Leipzig, exakt wie auch 2022 schon, beinahe verspätungs- und geplant umsteigefrei bis nach Hamburg. Zwischendurch eine WEF-Vorbezug-Steuerrechnung bezahlt. In Hamburg hatte ich viel Aufenthalt bis zur Abfahrt des EC 394 nach Kopenhagen. Reserviert hatte ich, leider gab es aber nur noch 2. Klasse, was natürlich bei 7 Wagen und davon nur 1x 1.Klasse auch kein Wunder ist. Noch witziger war dann, dass Wagen 9, in dem ich meine Reservation hatte, wegen defekter Klimaanlage komplett gesperrt war und die Leute irgendwie auf den Rest des Zuges verteilt wurden. Ich hatte mich schon direkt in einem anderen Wagen hingesetzt, andere hatten erstmal im Flatterbandbereich in Wagen 9 Platz genommen und wurden dann vom Personal von dort verscheucht.

Die Sitzreservationen waren dann sowieso hinfällig, die dänische Grenzkontrolle kam in Padborg kurz durch und hat Sicht-Profiling betrieben, aber vielleicht können die das ja gut. Nach gut 4h war ich schon durch Dänemark durch, war in Kopenhagen perrongleich umgestiegen und in einem der viertelstündlich fahrenden Öresundzüge nach Malmö. Dort ging’s ab ins Hotel, Gepäck abstellen und dann noch auf einen Spaziergang. Es war der schwedische Nationalfeiertag, was aber die Geschäfte nicht stört, ganz normal 7-22 Uhr zu öffnen.

Die Sonne scheint schon etwa 1.5h länger als auf meiner üblichen geographischen Breite, d.h. wenn man wach ist, ist es halt hell. Malmö wirkt ziemlich ausgestorben und leer, aber das war natürlich nur eine Momentaufnahme. Ich bin einfach planlos durch die Gegend gelaufen, bis meine Uhr meinte, dass es jetzt genug wäre 🙂 Diverse Geocaches haben mich wieder auf Sehenswürdigkeiten hingewiesen, wie z.B. diesen Turning Torso (okay, den hatte ich auch so erspäht), ein Spätwerk von Calatrava, der z.B. auch für die Architektur von Zürich Stadelhofen verantwortlich zeichnet.

Die Frühstückszeit von 06:30-10:30 Uhr passt perfekt: Frühstück, laaanger Spaziergang, Frühstück, Checkout. Ich war hier schon 2022 mal (nochmal der Link von oben) mit dem kleinen Faltvelo unterwegs, aber nur abends, vor der Abfahrt des Nachtzugs. Aber trotzdem habe ich im Industriebereich was wiedererkannt.

11:36 fuhr der nächste Zug, weiter nach Stockholm, 6h Fahrzeit, akzeptabel schnelles Internet und erstklassige Gratisverpflegung. Da sitze ich jetzt drin, nachher folgen vier Stunden Pause und dann 14h Nachtzug bis Luleå. Der Nattåg 94 fährt momentan wegen Bauarbeiten eh nicht weiter als Luleå, d.h. Kiruna/Abisko/Narvik wäre gar nicht gegangen.

Ostseerunde

Überzeit muss weg, Interrail ist vorhanden, in Leipzig bin ich eh schon, also wieder in den Norden.

Fertig gebuchte/reservierte Reisestrecke: Wil-Leipzig-Malmö-Stockholm-Luleå-Tornio-Helsinki-(Fæhre)-Travemünde-Wil, davon 4’300km Zug, 1’130km Fähre, 1’000km Zug. Zwei Nachtzüge sind dabei (Stockholm-Luleå und Tornio-Helsinki auf Breitspur). Bei sj.se kann man Interrail wie immer ganz einfach online angeben, 70 EUR Schlafwagen-Aufpreis zum Pass, bei vr.fi geht das nicht online, sondern man muss anrufen und zahlt dann 70 EUR statt 140 EUR für den Schlafwagen. Die Fähre Helsinki-Travemünde fährt 30h (15-21 Uhr), man kommt noch mit dem ÖV bis nach Lübeck, was ich so gesehen habe.

Hm, Faltvelo. Könnte ich mitnehmen, aber eigentlich ist zu Fuss auch ganz angenehm. Finnisch sieht auch irgendwie ganz anders aus. Die ganze Idee ist erst zwei Tage alt, los geht’s am 06.06. (bzw. am 01.06. erstmal bis nach Leipzig).

Creux du Van (2)

Über 12 Jahre später, nach unzähligen Pässen und noch mehr Bahnhöfen, gibt’s nun doch noch Fotos vom Creux du Van. 3h Zugfahrt Wil-Noiraigue, dann in 1:10h (statt 2:15h wie angegeben) 700 Höhenmeter hinauf und dann konnte ich langsamer gehen.

Manchmal sind die Menschen auf den Fotos noch ganz gut als Grössenvergleich. Tendenziell waren mir zu viele Leute dort oben, aber sobald man ein paar Minuten entfernt war von Autoparkplätzen, wurde es deutlich ruhiger.

Der Wanderweg ist zeitweise gesperrt, um die Vegetation zu schützen, ansonsten geht er aber immer direkt an der Abbruchkante entlang, ohne Sicherung. Man kann aber bequem hinter der Steinmauer bleiben, die auch die Abgrenzung des Weidegebiets darstellt. In Grand Vy war ich noch kurz für einen Suure Moscht in der Beiz, danach ging’s kurz unbeschilderterweise über die Wiese mit gutem Ausblick, bevor ich für viele Kilometer im Wald verschwand.

Kurzer Fahrplancheck: 17:21 sollte der Zug fahren, ich war 17:22 Uhr am Bahnhof, der Zug hatte +2 Minuten. Den Umstieg in Biel/Bienne hab ich spontan auf Neuchâtel vorverlegt, da war nämlich mehr Zeit, noch im Coop was einzukaufen. 4:40h Wanderzeit heute für knapp 20km mit 893 Höhenmetern, und einen damals wegen Schneemassen nicht auffindbaren Geocache hab ich auch heute gefunden. Ankunft in Wil dann 20:25 Uhr.

Liegefeuilleton

Erstmal bin ich bei weitem nicht der Einzige, dem aufgefallen ist, dass die NZZ inzwischen ziemlich rechts ist. Auch die Republik hat das jetzt in sehr vielen Details bestätigt: https://www.republik.ch/2025/04/30/auf-dem-rechten-weg-nach-deutschland Im Pressreader kriege ich das jetzt immer mit zwei Tagen Verzögerung und das reicht mir auch, um die nach wie vor guten Auslandskorrespondenten zu lesen.

Vor einer Weile schon habe ich The_Shock_Doctrine von Naomi Klein gelesen. Darin zeigt sie ziemlich konsistent auf, wie nach einer Krise (erstmal eher zufällig) egal in welchem Land radikale Massnahmen durchgesetzt werden können, weil es nicht mehr schlechter werden kann. Da werden dann die Ideen der Chicagoer Schule um Milton Friedman radikal umgesetzt: komplett freie Märkte, keine Restriktionen, keine Einschränkungen, keine Regulierungen, kein Schutz. Im Rest des Buchs wird das detailliert an vielen Ländern aufgezeigt, von Chile über Bolivien, Polen (1980er), China, Russland (nach der Wende, Jelzin). Danach geht’s kurz um den militärisch-industriellen Komplex und damit auch um das absichtliche Herbeiführen von Krisen (z.B. durch Kriege oder das Ausnutzen von Naturkatastrophen), um danach auf einem clean slate alles komplett neu aufzubauen. Geht natürlich immer schief, funktioniert nur für einige Reiche und nicht für die Mehrheit der Bevölkerung. Das Buch ist leider schon von 2007, da sind aber sehr viele aktuell anwendbare und in den USA sichtbare Referenzen drin, die man direkt im Project 2025 und der Heritage Foundation wiederfindet.

Am Dienstag 06.05. war ich bei einem Vortrag an der ETH aus der Initiative speed2zero, wo sich die Institutionen des ETH-Bereichs (ETH, EPFL, eawag, WSL, PSI, empa, SDSC) zusammengeschlossen haben, um die Schweiz auf den Netto-Null-Weg zu bringen. Der Vortrag war von Naomi Oreskes, die im Wesentlichen ihr Buch The Big Myth: How American Business Taught Us to Loathe Government and Love the Free Market (2023) schön zusammengefasst hat. Das Kernargument ist, dass ein Verbund von US-Grossindustriellen (National Association of Manufacturers) durch Desinformationskampagnen und geschickte Manipulation bewirkt haben, dass die Öffentlichkeit denkt, dass vollständige free markets ohne Regulierung, ohne Aufsicht, ohne Einschränkungen das Beste für die Gesellschaft seien und ausserdem auch am besten dem American Way of Life entsprechen würden. Erst wurde das während des New Deal unter Roosevelt probiert, ab 1950 ging es dann verstärkt weiter, durch Manipulation schon in der Ausbildung (von Kinderbüchern bis zu Universitäten), eigene Propagandasendungen (die nicht als solche gekennzeichnet waren, General Electric Theatre) und durch Bezahlung von Akademikern wie z.B. Ludwig von Mises und Milton Friedman — spätestens an dieser Stelle fiel mir auf, dass das eine gute Vorgeschichte zum obigen Buch war. Jedenfalls führt die Deregulierung nicht zu Wohlstand für alle, sondern nur zu Reichtum für wenige und zur Verschlechterung des Lebensstandards für die meisten.

Neben zig Podcasts hab ich zuletzt auch das erste Audiobuch in Gänze angehört, und zwar https://en.wikipedia.org/wiki/Careless_People von Sarah Wynn-Williams. Und wie es sich gehört, bin ich darauf erst aufmerksam geworden, als Facebook versucht hat, das Buch zu verbieten. Der Streisand-Effekt ist schon super 🙂 Es ist eine sehr schöne und plastische Beschreibung einer hochrangigen Facebook-Mitarbeiterin, die von 2011 bis 2017 dort gearbeitet hat, mit teilweise abstrusen und nicht vorstellbaren Details. Spannend ist auch, dass es auch die Phase war, in der Facebook/Meta von “gut” zu “böse” gekippt ist, inklusive Markteintritt in China mit komplettem Instrumentarium für staatliche Zensur und Überwachung. Sie liest das Buch selbst vor und mit ihrem NZ-Akzent war das sehr gut anzuhören. Offensichtlich kippen die Silicon-Valley-Milliardäre nun alle ins vollständig Absurde, täuschen vor, etwas Gutes zu wollen, aber sie wollen alle nur immer mehr Geld, mehr Macht und mehr Kinder. Vielleicht gibt sich das mit dem Alter dann wieder, Bill Gates ist ja nun auch schon 70 und der war zu Hochzeiten von M$ auch nicht sehr sympathisch und hat komische Dinge gemacht.

Und jetzt noch ein paar Fotos, wo man überall mit Podcasts und Hörbüchern vorbeikommt 🙂

Frischluft mit Wärmetauscher

Beim Apéro bei Junods kurz vor Weihnachten wurde eine automatische Belüftung erwähnt — sowas finde ich auch noch ganz nett, besonders wenn im Winter das Dachfenster voller Schnee liegt und ich da im Schlafzimmer nur schlecht lüften kann. Oder wenn ich den ganzen Tag vorm Rechner sitze und irgendwann die Luft dick wird 🙂 Klar könnte ich da das kurz Fenster öffnen, aber so ein automatisches Raumklima wäre nett. Die Temperatur kann ich eh schon regeln, aber die Klimaanlage macht nur Umluft. Und natürlich habe ich den alten gemauerten Schornstein, in dem schon die Elektroleitungen der Solaranlage verlaufen.

Das Gerät, was mir da in die virtuellen Finger kam, ist der Bayernlüfter. Ein 30x40cm grosser Kasten mit vier Löchern und zwei Lüftern und in der Mitte einem grossen Wärmetauscher, also eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Neupreis etwa 600-900 EUR je nach sophistication, ich hab die einfachste Version im Abverkauf für 360 Fr. bekommen (keine Elektronik, keine Sensoren, nur ein Poti zur Leistungsregelung). Aufgeklappt sieht der so aus:

Wie schon bei der Klimaanlage war das am umständlichsten lösbare Problem das des Kondenswassers. Da aber inzwischen die Solarleitungen bis in den Keller gehen und da im Leerrohr noch für ein dünnes Gardena-Tropfrohr Platz war, habe ich davon 15m bis in den Keller gelegt, wo es in einer Ecke versickern kann, bzw. kann das dann später auch noch durch ein Loch in der Wand bis in den Garten tropfen lassen.

Jetzt hat das Gerät vier Luftöffnungen: die für den zu belüftenden Raum sind klar (oben links Raum-Absaugung, unten links temperierte Frischluft). Irgendwoher muss die Frischluft kommen und irgendwo muss die Abluft hin. Da mein Dachboden recht gut belüftet ist (da steht ja auch das Aussengerät der Klimaanlage), bietet sich das an, dort sowohl die Abluft hinzuleiten als auch an einer anderen Stelle die Frischluft zu holen. Da der alte Abzug bis ganz knapp unters Dach geht und generell da drin ziemlicher Zug herrscht (nach oben), hab ich mir die Verrohrung für die Abluft gleich gespart, nur das Kondenswasser musste ich noch geeignet ableiten. Dazu dient diese Konstruktion:

Mit einer Bohrkrone hab ich in das Mauerwerk drei Durchbrüche gebohrt — Tunnelbohren ist tatsächlich anstrengend. Danach folgte eine ziemliche Bastelei, um mehrere Stück Rohr mit zwei 90°-Teilen durch die Inspektionsklappe einzuführen, drin zusammenzustecken, nach oben zu schieben und oben im Loch einzuhängen. Die Endoskop-Kamera, die ich da mit ins Rohr geschoben habe, war sehr nützlich, um wie an einem Periskop oben rausschauen zu können und das Mauerloch im Estrich zu finden.

Nachdem die Frischluft “verrohrt” war und die Abluft auch klar, musste ich nur noch die PE-Rohre an den Enden glattschneiden, Silikon drauf, dann von aussen (also von innerhalb des Abzugs, boah, was ein Dreck heute) einführen und auch von dieser Seite her an Ort und Stelle einschäumen. PU-Schaum ist echt immer eine Sauerei.

Nach einer ordentlichen Putzaktion sieht das ganze jetzt so aus (externe Sensoren sind von mir).

Das Gerät ist auf der leisesten Stufe sicher leiser als die Klimaanlage (und die ist auch schon nicht laut). Es sind zwei ganz normale 10cm-Axiallüfter eingebaut, Stromverbrauch bis ca. 6W.

Die Temperaturmesswerte in einer Grafik:

  • die Frischluft hat etwa 41°C (Klimaanlage läuft, heizt den Dachboden auf).
  • 17:58 Uhr: Installation Sensoren
  • 18:05 Uhr: angeschaltet auf Minimalstufe
  • 18:30 Uhr: eingestellt auf Maximalstufe
  • 18:45 Uhr: mittlere Stufe
  • 19:15 Uhr: etwa 30% Leistung

Es verhält sich alles wie erwartet: wenn ich die frische Luft direkt ins Zimmer reinpumpen würde, hätte die Zuluft 41°C; hier hat sie je nach Stufe 22-25°C — der Wärmetauscher funktioniert also. Den besten Wärmetausch schafft das Gerät also bei niedriger Lüfterleistung, was auch irgendwie logisch ist, weil die Luft mehr Zeit zum Verweilen am Wärmetauscher hat. Die Abluft habe ich nicht gemessen. Filter sind im Gerät auch drin, ich könnte da sogar noch Aktivkohlefilter einsetzen. Insgesamt ist die Installation ziemlich dreckig und aufwendig, aber gut machbar. Jetzt könnte man noch mehr solcher Geräte irgendwo einbauen, z.B. im Bad im EG 🙂 Am sinnvollsten wäre es in der Küche, weil die kein Fenster hat, Ab- und Zuluft wären da durch den gleichen Abzug (längere Rohre) machbar und man kann das Gerät auch irgendwo in einen Schrank bauen mit entsprechenden weiteren Rohren für die Innenluft. Aber dringend ist das grad nicht.

Weiter im Keller (4)

Zuletzt hatte ich die Restfläche im Keller passend freigelegt. Gestern und heute kamen zwei weitere Lagen Beton drauf, inklusive Verarbeitung der herausgesiebten Steine. Unterbrochen wurde das nur von einer Hornbach-Elektrofahrt für 20 Säcke (16+4) Sand und Zement. Ein Richtscheit ist inzwischen auch vorhanden.

Das nächste Projekt (schon bestellt) ist dann eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung, damit fange ich mal im Schlafzimmer an und nutze den alten Kaminabzug sinnvoll 🙂

neon -> radicant

So ein durchsuchbares Blog ist schon fein, da hab ich nämlich meinen Beitrag vom Januar 2020 gefunden, in dem ich neon lobend erwähnt hatte, u.a. mit ihrem eigenen Blogartikel, der sogar noch online ist. Wie ich kürzlich hier schon erwähnt hatte, ändert sich das aber gerade. Über diese fünf Jahre haben sie einen Haufen Features eingeführt, die sie bei revolut abgeschaut haben; und wie beschrieben, ändert sich das von mir geschätzte Gebührenmodell gerade, natürlich zu meinem Nachteil.

Punkt 1: sie nehmen jetzt eben doch Wechselkursaufschläge von 0.35%. Im Vergleich zu den meisten anderen Karten ist das immer noch wenig, aber es geht ums Prinzip. Was ich ausserdem noch herausgefunden habe und damals sogar falsch angegeben hatte: der Mastercard-Wechselkurs hat schon etwa 0.3 bis 0.5% Aufschlag zum tatsächlichen Interbankenkurs, also auch die Kartenmonopolisten kassieren da schon was. Bei radicant bekomme ich nun den tatsächlichen Interbankenkurs (und hab das auch mit Zahlungen in NOK/CHF am gleichen Tag schon verifiziert).

Punkt 2: der ganze Kram mit den Auslandsüberweisungen, die ich bei neon in Auftrag geben kann, was sie dann aber technisch über Wise laufen lassen und dafür eine convenience-Gebühr verlangen, ist für die meisten Leute sicher praktisch, aber anstatt dass sie einfach die convenience-Gebühr transparent reduzieren, wenn man ein teures neon-Preismodell hat, nennen sie es “cashback”. Das ist wie wenn ich zur Migros gehe und dort dann ganz tolle Cumuluspunkte sammeln kann, wenn ich auch die gleichen Produkte von Anfang an günstiger bei Aldi/Denner/LIDL hätte kaufen können, ganz ohne Kundenbindungsprogramm (okay, LIDL kommt auch mit sowas, aber da kauf ich nur Pernigotti). Ich brauch kein Marketing-Neusprech.

Punkt 3: die Zusammenarbeit mit Wise führt anscheinend sogar dazu, dass ich auf mein eigenes Wise-CHF-Konto keine CHF (gratis/gebührenfrei) überweisen kann. Klar, das hat eine GB-IBAN, aber das kann ja nicht das Problem sein. Lasst mich doch bitte die Währung selbst auswählen: hier wird EUR voreingestellt, was nun mal gar keinen Sinn macht. Entweder CHF oder dann bitte GBP anhand der IBAN.

Punkt 4: mein Wearable hab ich daheim direkt mit der virtuellen Karte von radicant per NFC neu beschrieben, fertig.

Punkt 5: Neon hat mir inzwischen zuviele Partnerangebote, wo ich irgendwelche Rabatte kriegen kann und dann Daten herumschwirren. Ich will Banking mit Kartenzahlungen, einfach und unkompliziert (TWINT nervt dahingehend auch, ich will einfach nur bezahlen/empfangen, aber keine Lebenszeit in eurer App verschwenden). Gleichzeitig hatte ich in letzter Zeit öfter mal das Problem, dass ich mich nicht einloggen konnte.

Punkt 6: die Spaces (also virtuelle Unterkonti) waren ganz nett, dort kann man direkt die Ausgaben für die Steuerrechnung oder das GA schon im Jahresverlauf ansammeln, damit es dann keine Überraschung gibt. Aber dank regelmässiger Budgetierung gibt’s die bei mir eh nicht, das war nur ein convenience-Feature.

Punkt 7: die beta-Funktion “finsights”, wo man an seinen Datensatz mit den Buchungen KI-Anfragen stellen kann, ist nett, aber eine Anwendung dafür habe ich nicht. Diese ständige dumme Anbiederung (hier mit “hAI”) und auch beim Einloggen in die App (“Schön, dich zu sehen, Georg” oder “Hoi Georg”) geht mir auch ungemein auf die Nerven — ihr wollt eine Bank sein, also benehmt euch auch wie eine, und zwar seriös, langweilig und zuverlässig. Macht mir einen einfachen Filter mit Datum, Betreff, Währung, Betrag – das ist einfachstes SQL und braucht Grössenordnungen weniger Energie als eine dumme LLM-Abfrage.

Na mal schauen, wie lange radicant so durchhält 🙂 Die hatten anfangs ziemlich Probleme, die Kreditkarten produzieren zu lassen, dann hatte ich sogar mein Login schon vergessen und es brauchte einen relativ langen sehr netten Hotline-Anruf, um das wieder hinzubekommen. Meine Kreditkarte war auch falsch beschriftet “GEORG RUs” (mal eine ganz neue Falschschreibvariante) und sie hatten mir damals schon angeboten, die nochmal korrigiert neu zuzusenden. Das hab ich jetzt eingefordert.

Weiter im Keller (3)

Im Keller war ja noch Material übrig. Meine Aushubstatistik meint, dass ich bisher etwa 4.5 Tonnen hinausbefördert hätte, hauptsächlich in die zwei Hochbeete und in das Loch unter dem Solarpanel, wo mal der Kellereingang war. Weitere 300kg habe ich schon im Beton mit verwendet und es liegt auch noch sicher eine halbe Tonne Steine/Kies im Keller, die mit verarbeitet werden.

Vielleicht verarbeite ich am Ende sogar die schon gekaufte superteure Fliessmasse, damit zumindest dieser Abschnitt des Kellers mal topfeben wird.